Media Kanzlei erneut erfolgreich für Renate Künast: Kammergericht hebt Skandalbeschluss („Drecks f.“) teilweise auf
Das Kammergericht hat über die Beschwerde, die die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte der Media Kanzlei Frankfurt für Frau Renate Künast gegen den Beschluss des LG Berlin eingelegt hat, entschieden.
In der Sache ging es um 22 herabsetzende Äußerungen, die über Frau Künast auf facebook verbreitet wurden, Frau Künast wollte von facebook die Nutzerdaten der anonymen Verfasser beauskunftet wissen, um die Verfasser zivilrechtlich in Anspruch zu nehmen (Näheres zur Entscheidung des LG Berlin hier). Das Kammergericht hat die Entscheidung des LG Berlin nun hinsichtlich weiterer sechs Äußerungen aufgehoben, sodass facebook nun auch die Nutzerdaten über die Verfasser folgender Äußerungen herausgeben darf:
„Knatter sie doch mal einer so richtig durch, bis sie wieder normal wird“, „Wurde diese „Dame“ vielleicht als Kind ein viel gef…und hat dabei etwas von ihren Verstand eingebüßt.“, „Pfui, du altes grünes Dreckschwein…“, „Der würde in den Kopf geschi….Wer genug Platz, da kein Hirn vorhanden war/ist“, „Die will auch nochmal Kind sein weil sonst keiner an die Eule ran geht!“ und „Sie alte perverse Drecksau!!!!!Schon bei dem Gedanken an sex mit Kindern muss das Hirn wegfaulen!!!!Ich glaube, das ist bei den Gründen auch so!!!!!“.
Das Kammergericht hat dabei – anders als das Landgericht – der Antragstellerin in vielen Punkten Recht gegeben und ist auch den Rechtsansichten der Anwältinnen und Anwälte der Media Kanzlei in weiten Teilen gefolgt
Insbesondere hat es erkannt, dass die Äußerungen als Schmähkritik bzw. Formalbeleidigung auch einen direkten Angriff auf die Menschenwürde von Frau Künast darstellen und somit eine strafrechtlich sanktionsfähige Beleidigung., Insbesondere hat das Kammergericht der völlig unvertretbaren Ansicht des Landgerichts, dass die o.g. Äußerungen einen Sachzusammenhang aufweisen, da der Ausgangspost auch einen sexuellen Bezug hätte und deshalb auch Äußerungen mit sexuellem Bezug zulässig seien, eine klare Absage erteilt. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Thematik (es ging im weitesten Sinne um die sogenannte „Pädophiliedebatte“ bei den Grünen) fehle den Äußerungen gänzlich. Damit hat das Kammergericht klargestellt, dass nicht jeder noch so weit hergeholte und über Umwege konstruierte Sachzusammenhang ausreicht, um eine herabsetzende Äußerung zu legitimieren. Insbesondere im Hinblick auf die konkreten Äußerungen stellte das KG fest:
„Vielmehr wird der Antragsteller als vermeintlicher Befürworterin einer Entkriminalisierung von „einvernehmlichem bzw. gewaltlosem“ Sex mit Kindern, wie sie die Ausgangsmitteilung insinuiert (Anm. d. Verf: Die Ausgangsmitteilung stellte insofern eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, die Antragstellerin hatte etwas derartiges nie geäußert und auch nie vertreten, vgl. LG Frankfurt, Urteil vom 30.01.2020, 2-03 O 90/19), jede Würde abgesprochen. Sie wird im Schutze der Anonymität des Internets zum Objekt frauenverachtender und entwürdigender obszöner Anwürfe gemacht. (…) Hierdurch und die zügellose Beschimpfungen mittels besonders drastischer Begriffe aus dem Bereich der Fäkalsprache (…) wird die Antragstellerin in einer so maßlos überzogenen Art und Weise attackiert, dass nur noch die persönliche Schmähung im Vordergrund steht und eine sachbezogene Auseinandersetzung völlig aus dem Blickfeld geraten ist.“
Hinsichtlich insgesamt 10 weiterer Äußerungen hat auch das Kammergericht entschieden, dass sie zwar ebenfalls „erheblich ehrenrührige Bezeichnungen und Herabsetzungen der Antragstellerin“ seien und es sich um „eine Grenzüberschreitung und um einen verbalen Fehlgriff“ handele. Die Schwelle zur Strafbarkeit der Äußerungen sah das Kammergericht indes nicht überschritten, auch wenn die Äußerungen zivilrechtlich untersagt werden können. Dabei verkennt das KG nach Ansicht der Media Kanzlei zunächst, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung zu unzulässigen Äußerungen gegenüber Politikern aus einer Zeit stammt, in der es weder vermehrte Angriffe auf Politiker auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene gab, die ebenfalls in Hass und Hetze im Netz ihren Ursprung fanden und weiter, dass der unwahre Ausgangspost des bekannten rechtsradikalen Bloggers Sven Liebich gerade für seine Anhänger – die Antragstellerin hatte mittels Screenshots nachgewiesen, dass die Verfasser der Posts Herrn Liebich auf facebook folgen und ihn und seinen Hass, seine Hetze und seine Verschwörungstheorien kennen – als unwahre Behauptung erkennbar war. Dieser unwahre Post wurde von den Nutzern nicht nur im Sinne einer Bewertung kommentiert, er wurde auch geteilt und geliked und damit weiterverbreitet. Nach Ansicht des Kammergerichts scheint aber die bewusste Weiterverbreitung von Fakenews keine Berücksichtigung zu finden.
Trotz dieser im Ergebnis falschen Bewertung des Kammergerichts, hat das Verfahren, das so skandalös begann, noch zu einem überwiegend positiven Erfolg geführt: letztlich wurden 12 der 22 Äußerung als strafbar erkannt, obwohl das Landgericht ursprünglich alle Äußerungen als zulässig bewertet hatte. Im Hinblick auf die 10 übrigen Äußerungen hat das Kammergericht eine Rechtsbeschwerde zum BGH nicht zugelassen, wir prüfen aktuell die Einlegung einer Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil wegen der weiterhin bestehenden rechtsfehlerhaften Beurteilung des Kammergerichts.