OLG Köln: KUG gilt weiterhin nach Wirksamwerden der DSGVO
Das OLG Köln bestätigte Anfang Oktober: Auch nach Inkrafttreten der DSGVO behält das KUG weiterhin seine Wirkung. Die Ausnahmetatbestände des KUG können weiterhin als Rechtfertigung der Veröffentlichung und Anfertigung von Personenbildnissen herangezogen werden.
Seit längerem wird die Frage kontrovers diskutiert, ob Fotografen, Journalisten und andere Künstler sich bei ihrem Handeln auf eine Rechtfertigung des KUG berufen können, auch wenn die DSGVO in Kraft getreten ist und als Grundverordnung für deutschen Gerichte verbindlich gilt und auch in ihrem sachlichen Anwendungsbereich das KUG eigentlich verdängt.
Bereits Mitte des Jahres hatte das OLG Köln entschieden (OLG Köln, Beschl. v. 18.06.2018 - Az.: 15 W 27/18), dass das KUG weiterhin seine Geltung behält und es keine außer Kraft setzende Konkurrenz zwischen den beiden Rechtsvorschriften gibt. Dies wurde nun nochmals bestätigt.
Die Verfügungsklägerin ist die Ehefrau eines bekannten Moderators. Das streitgegenständliche Foto zeigt das Ehepaar auf einer öffentlichen Veranstaltung. Der Autor des Zeitschriftenartikels bringt deren Abbildung mit einer finsteren Behauptung über die familiäre Vergangenheit des Moderators in Verbindung. Die Frau klagte auf Unterlassung.
Lesen Sie im Folgenden Auszüge des Beschlusses des OLG Köln (Beschluss v. 08.10.2018 - Az.: 15 U 110/18):
„(…)Die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen ist nach der gefestigten und ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. zuletzt BGH v. 29.05.2018 – VI ZR 56/17, BeckRS 2018, 15541 Rn. 9; v. 06.02.2018 – VI ZR 76/17, BeckRS 2018, 1728 Rn. 10 sowie BGH v. 27.09.2016 – VI ZR 310/14, ZUM 2017, 158 Rn. 5 jeweils m.w.N.) nach dem sog. abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen, welches sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben (BVerfG v. 26.02.2008 - 1 BvR 1602, 1606, 1626/07, BVerfGE 120, 180, 210) als mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Einklang steht (EGMR v. 07.02.2012 − 40660/08 u. 60641/08, GRUR 2012, 745 - von Hannover/Deutschland Nr. 2). Jedenfalls im – hier betroffenen - journalistischen Bereich steht der Anwendung dieser Grundsätze, die im Zuge der Abwägung ohne weiteres auch mit den Vorgaben der Grundrechte-Charta in Einklang zu bringen sind, auch das Inkrafttreten der DS-GVO nicht entgegen (Senat v. 18.06.2018 – 15 W 27/18, BeckRS 2018, 12712; v. 25.06.2018 – 15 U 51/17, n.v.; vgl. auch Lauber-Rönsberg/Hartlaub, NJW 2017, 1057 ff.; Frey, in: Schwartmann u.a., DS-GVO/BDSG, 2018, Art 85 Rn. 10, 33). Bildnisse einer Person dürfen danach grundsätzlich nur mit deren – hier bezüglich des streitgegenständlichen Bildes im vorliegenden Kontext ersichtlich fehlender (vgl. auch Senat v. 06.02.2017 – 15 U 183/16, n.v. - Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG). Die Veröffentlichung des Bildes von einer Person begründet grundsätzlich eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. BVerfG v. 14.09.2010 - 1 BvR 1842/08, 6/09, 2538/08, GRUR 2011, 255 Rn. 52; BGH v. 26.10.2010 - VI ZR 230/08, GRUR 2011, 261 Rn. 8 ff. - Party-Prinzessin; v. 29.05.2018 – VI ZR 56/17, BeckRS 2018, 15541 Rn. 29 f.). Die – wie hier - nicht von der Einwilligung des Abgebildeten gedeckte Verbreitung eines Bildes ist nur zulässig, wenn dieses Bild dem Bereich der Zeitgeschichte oder einem der weiteren Ausnahmetatbestände des § 23 Abs. 1 KUG zuzuordnen ist und berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Dabei ist schon bei der Beurteilung, ob ein Bild dem Bereich der „Zeitgeschichte“ i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen ist, eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1 GG, Art 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK andererseits vorzunehmen(…).“
„(…)Es gehört dabei zum Kern der Presse- und Meinungsfreiheit, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses für wert halten und was nicht. Auch unterhaltende Beiträge, etwa über das Privat- und Alltagsleben prominenter Personen, nehmen grundsätzlich an diesem Schutz teil, ohne dass dieser von der Eigenart oder dem Niveau des jeweiligen Beitrags oder des Presseerzeugnisses abhängt. Gerade prominente Personen können der Allgemeinheit Möglichkeiten der Orientierung bei eigenen Lebensentwürfen bieten sowie Leitbild- und Kontrastfunktionen erfüllen. Auch Aspekte aus ihrem Privatleben können so der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen. Im Rahmen einer zulässigen Berichterstattung steht es den Medien grundsätzlich auch frei, Textberichte durch Bilder zu illustrieren. Es ist Sache der Medien, über Art und Weise der Berichterstattung und ihre Aufmachung zu entscheiden. Sie haben das Recht, Art und Ausrichtung, Inhalt und Form eines Publikationsorgans frei zu bestimmen.“
„(…)Umgekehrt wiegt aber der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen umso schwerer, je geringer der Informationswert der Berichterstattung für die Allgemeinheit ist (BGH, a.a.O.); erst recht gilt dies, wenn die Berichterstattung sogar lediglich als äußerer Anlass für die Berichterstattung über den Betroffenen und die Veröffentlichung der ihn zeigenden Fotos zu bewerten wäre. Für die Gewichtung der Belange des Persönlichkeitsschutzes wird neben den Umständen der Gewinnung der Abbildung, etwa durch Ausnutzung von Heimlichkeit und beharrlicher Nachstellung, auch bedeutsam, in welcher Situation der Betroffene erfasst und wie er dargestellt wird (BGH v. 29.05.2018 – VI ZR 56/17, BeckRS 2018, 15541 Rn. 18; v. 06.02.2018 – VI ZR 76/17, BeckRS 2018, 1728 Rn. 18 m.w.N.). Bei der Prüfung der Frage, ob und in welchem Ausmaß die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leistet und welcher Informationswert ihr damit beizumessen ist, ist zudem von erheblicher Bedeutung, welche Rolle dem Betroffenen in der Öffentlichkeit zukommt.“
„(…)Bei der gebotenen Abwägung hat das Landgericht insofern zutreffend herausgearbeitet, dass die Verfügungsklägerin – die nur in ihrer Sozialsphäre betroffen ist – zwar nur eher geringe Beeinträchtigungen durch die Veröffentlichung des Lichtbildes erlitten hat. Das auf einer öffentlichen Veranstaltung entstandene Foto ist als solches nicht abträglich und mit keinen besonderen Beeinträchtigungen für die Verfügungsklägerin verbunden.“
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