Persönlichkeitsverletzenden Äußerungen gegenüber einem Bundestagskandidaten auf Facebook
Media Kanzlei Frankfurt | Hamburg für
Bundestagskandidaten vor dem LG Frankfurt erfolgreich.
Gemäß Artikel 38 GG werden alle Bundestagsabgeordneten in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Durch das System der personalisierten Verhältniswahl in Deutschland kann der Wähler nicht nur eine Partei wählen, sondern auch einem Direktkandidaten seine Stimme geben, der dann eben direkt in den Bundestag einzieht (§ 5 BWahlG).
Vorliegend geht es um eine rufschädigende Äußerung in einer Facebook-Gruppe, die bezüglich des Direktkandidaten in Gießen geäußert wurde. Der Wähler muss und soll gem. Art. 38 GG seine Wahl frei treffen können und tut dies in der Regel durch das Informieren durch die Medien, aber auch durch den Austausch und die Diskussion mit anderen Bürgern. Negative Gerüchte und Erzählungen können somit das Ansehen eines Kandidaten schädigen und unmittelbar die Anzahl seiner Wählerstimmen beeinflussen. Weitergehend könnte sich dies sogar auf den Ruf der Partei, und somit auch auf deren Stimmanzahl in der Zweitstimme auswirken. Folgend ist es besonders wichtig, in solchen Fällen gegen Rufschädigungen im Internet vorzugehen und diese schnellstmöglich zu beseitigen.
Die Anwälte der Media Kanzlei vertraten den Antragsteller erfolgreich vor dem LG Frankfurt und erwirkten einen Unterlassungsanspruch bezüglich des Kommentars auf Facebook. Die Beklagte muss die gesamten Kosten tragen. Wir konnten die Pressekammer davon überzeugen, dass es auf die Schutzbehauptung der Beklagten (Jemand anderes hätte von Ihrem Account geschrieben), nicht ankommt.
Lesen Sie hier Auszüge aus dem Urteil:
Äußerungsrechtliches Urteil des auf das Presserecht spezialisierten Kammer:
Entscheidungsgründe der Pressekammer aus Frankfurt
a. Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts
liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. (…) Hier ist das Schutzinteresse des Klägers aus Art. 2 Abs. 1,1 Abs. 1 GG mit dem Recht der Beklagten auf Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK abzuwägen. Diese Abwägung fällt hier zu Lasten der Beklagten aus.
b. Bei der angegriffenen Äußerung handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung.(…)
Hierbei sind Äußerungen entsprechend dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittsempfängers zu Interpretieren (Wenzel/Burkhardt, aia.O., Kap. 4 Rn. 4, Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 14 Rn. 4a; jew. m.w;N.).
Der streitgegenständlichen Äußerung ist zu entnehmen, dass der Kläger dritten Personen „Jobs" angeboten haben soll, wenn diese in - nicht näher bezeichneten Umständen - für ihn oder entsprechend seinen Vorgaben stimmen würden.
c. Der Kläger Ist durch die Äußerung auch erkennbar.
Die Äußerung bezieht sich auf einen „**", verwendet also die Initialen des Klägers, der an der von den Parteien und weiteren Personen geführten Diskussion beteiligt war. Der Ehemann der Beklagten hatte bereits vor der streitgegenständlichen Äußerung das Kürzel verwendet, wobei er zunächst den vollen Namen — im Zusammenhang mit dem Vorwurf einer Beleidigung - und sodann das Kürzel verwendet hat. (…)
d. Die Äußerung ist unwahr und damit in Abwägung der widerstreitenden Interessen unzulässig.
(…)An der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen besteht auch unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit grundsätzlich kein schützenswertes Interesse (BVerfG NJW 2012,1643 Rn. 33 - Grüne Gentechnik; BGH NJW 2016. 56 Rn. 31).(…)Um eine solche wertneutrale Tatsache handelt es sich bei der streitgegenständlichen Behauptung jedoch nicht. Vielmehr liegt in der Äußerung aus Sicht des Durchschnittsbetrachters durchaus ein dem Kläger offen gemachter Vorwurf, nämlich der des Stimmenkaufs. Es Ist dem Persönlichkeitsbild des Klägers auch abträglich, wenn ihm ein solcher, „nachweislicher" Vorwurf gemacht wird. Denn dadurch wird dem Kläger unterstellt, er beeinflusse Wahlen bzw. Dritte mit unlauteren Mitteln.
(…)Der Unzulässigkeit der Äußerung steht es auch nicht entgegen, dass die Äußerung lediglich in einem geschlossenen Forum getätigt wurde. Unabhängig davon, ob es hierauf ankommt, waren auch ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Anlage Bl (Bl. 35 ff.) eine Mehrzahl von Personen an der Diskussion beteiligt. Ob, wie vom Kläger behauptet, die Benutzergruppe 350 400 Personen umfasste und nur nach einem wie auch immer gearteten, zwischen den Parteien streitigen, Aufnahmeantrag zugänglich war, ist insoweit unbeachtlich.