Rechtswidrige „Keyword-Ad-Words-Werbung“ im Internet – Media Kanzlei erwirkt Beschluss vor OLG Frankfurt
Den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten der Media Kanzlei Frankfurt ist es gelungen, eine einstweilige Verfügung vor dem OLG Frankfurt (n.rk) gegen eine Kieferorthopädin zu erwirken, die den Namen unseres Mandanten im Internet als Keyword verwendete, um für ihr Unternehmen zu werben.
Unser Mandant ist ein renommierter Kieferorthopäde und bietet die Versorgung mit einer speziellen Art von kaum sichtbaren Zahnschienen an. Die Beklagte ist Kieferorthopädin und Geschäftsführerin eines Unternehmens, das Online-Marketing für Kieferorthopäden für die Behandlung dieser Schienen betreibt.
Um für dieses Unternehmen zu werben, verwendete die Beklagte den Namen unseres Mandanten, sowohl auf der Plattform Google sowie auf web.de, um dessen Reichweite und Bekanntheitsgrad für ihre Zwecke zu nutzen. Bei Eingabe des Namens unseres Mandanten erschien die Webseite der Beklagten. Dies stellte im vorliegenden Fall eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung (gem. § 5 Abs. 2 Nr. 3 I UWG) sowie eine gezielte Behinderung (gem. § 4 Nr. 4 UWG) dar, da der Rechtsverkehr irrtümlich davon ausging, zwischen unserem Mandanten und der Beklagten bestünde eine Kooperation.
Die kennzeichenrechtliche Entwicklung des Verfahrens
Die Media Kanzlei beantragte daraufhin eine einstweilige Verfügung, die das Landgericht Frankfurt jedoch zunächst zurückwies.Gegen diese Entscheidung legten wir Beschwerde ein, der das Landgericht ebenfalls nicht abgeholfen hat und sie daraufhin dem zuständigen Senat des Oberlandesgerichts vorlegte. Das OLG Frankfurt entschied jedoch letztendlich, dass die Beschwerde gegen die Zurückweisung der einstweiligen Verfügung Erfolg hat und erließ die einstweilige Verfügung in vollem Umfang zu Gunsten unseres Mandanten.
Unterlassungsverfügung gegen Wettbewerber vor dem OLG Frankfurt
Unserem Mandanten steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. Diese hat auch die Kosten des Verfahrens zu tragen. Den Beschluss des Oberlandesgerichts begründet dieses unter anderem damit, dass die von der Beklagten betriebene sogenannte “AdWords-Werbung“ das Unternehmenskennzeichenrecht unseres Mandanten verletzt. Die Besonderheit ist, dass der EuGH Keyword-Ad-Words grundsätzlich als zulässig erachtet. In dem Beschluss überzeugen wir das OLG davon, die Rechtsprechung des BGH zu Vertriebsnetzwerken weiter zu entwickeln.
So liegen nämlich im Streitfall besondere Umstände vor, wonach ein Hinweis auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung erforderlich ist, wenn ansonsten der Eindruck einer partnerschaftlichen Kooperation entsteht. Denn sonst besteht die Gefahr der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke.
Dieses Erfordernis der Hinweispflicht wird ursprünglich aus der „Fleurop“-Rechtsprechung des BGH (GRUR 2014, 182 Rn. 33 ff.) abgeleitet, da es sonst für den normal Informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer besonders schwer sei, ohne Hinweis des Werbenden zu erkennen, ob dieser zu einem Vertriebsnetz gehöre oder nicht (EuGH, GRUR 2011, 1124 Rn. 52 – Interflora/M&S). Diese Rechtsprechung geht jedoch von solchen Fällen aus, in denen das Vertriebsnetz des Markeninhabers aus zahlreichen Einzelhändlern zusammengesetzt ist. In unserem Fall handelte es sich jedoch nicht um den Markeninhaber, der das Vertriebsnetz betreibt, sondern den Verantwortliche für die Ad-Word-Anzeige. Dennoch hat zugunsten unseres Mandanten das OLG Frankfurt in Erweiterung der BGH-Rechtsprechung dieses Hinweiserfordernis gleichermaßen für diesen Fall für anwendbar erklärt.
Da eine solche Klarstellung durch die Beklagte, dass zwischen ihr und unserem Mandanten keine wirtschaftliche Verbindung besteht, nicht erfolgte, verletzt sie die Herkunftsfunktion, da durch ihre Anzeige der Verkehr annehmen muss, der – offensichtlich mit dem Markeninhaber nicht identische – Werbende stehe mit diesem in wirtschaftlicher Verbindung. So konnten wir für unseren Mandanten den begehrten Unterlassungsanspruch aus § 15 Abs. 4 MarkenG erstreiten.
Unsere Anwälte helfen ihnen im Kennzeichenrecht/Wettbewerbsrecht gerne weiter
Wenn auch Sie Kenntnis davon erlangen, dass Ihr Name für die Bewerbung des Unternehmens eines anderen verwendet wird, zögern Sie nicht, die Media Kanzlei Frankfurt zu kontaktieren. Wir kämpfen täglich um Unterlassungsansprüche und helfen auch Ihnen gerne weiter, Ihre Rechte durchzusetzen.
Aus dem Keyword-Ad-Words-Werbung Beschluss des OLG
Dem Antragsteller steht gegen die Antragsgegnerin der begehrte Unterlassungsanspruch aus §§ 15 Abs. 4 MarkenG zu. Die von der Antragsgegnerin verantwortete Adwords-Werbung verletzt das
Unternehmenskennzeichenrecht des Antragstellers, da eine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion vorliegt;
1.)Die identische Verwendung des Unternehmenskennzeichens des Antragstellers in der Adwords-Anzeige verletzt die herkunftshinweisende Funktion des Unternehmenskennzeichens.
Die Rechtsprechung des BGH und des EuGHs zu Keyword-Werbung
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in aller Regel keine Beeinträchtigung der herkunftshinweisenden Funktion vor, wenn die Werbeanzeige in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält (vgl. BGH GRUR 2014,182 Rnr. 20 ff - Fleurop; BGH, GRUR 2013, 290 Rdnr. 26 - MOST-Pralinen, m.w. Nachw.). Der verständige Internetnutzer erwartet In einem von der Trefferliste räumlich, farblich oder auf andere Weise deutlich abgesetzten und mit dem Begriff „Anzeigen" gekennzeichneten Werbeblock nicht ausschließlich Angebote des Marken Inhabers oder mit ihm verbundener Unternehmen. Ihm ist klar, dass eine notwendige Bedingung für das Erscheinen der Anzeige vor allem deren Bezahlung durch den Werbenden ist. Ihm ist zudem bekannt, dass regelmäßig auch Dritte bezahlte Anzeigen bei
Suchmaschinen schalten. Er hat daher keinen Anlass zu der Annahme, eine bei Eingabe einer Marke als Suchwort in der Anzeigenspalte erscheinende AdWords-Anzeige weise allein auf das Angebot des
Markeninhabers oder eines mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmens hin. Rechnet der Internetnutzer mit Angeboten, die nicht vom Markeninhaber oder von mit ihm verbundenen Unternehmen stammen, bedarf es daher keines Hinweises auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber, um eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion auszuschließen.
Der Sonderfall Vertriebssystems bei Keyword-Werbung
b) Im Streitfall liegen allerdings besondere Umstände vor, wonach es ausnahmsweise auch für den Fall, dass die Werbeanzeige in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheint und selbst weder die Marke noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke angebotenen Produkte enthält, ein Hinweis auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber erforderlich ist, um eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke auszuschließen. Da die in Rede stehenden Werbeanzeigen einen solchen Hinweis nicht enthalten, ist die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt.
(1) Für den angesprochenen Verkehr liegt aufgrund des Vertriebssystems der Antragsgegnerin die Vermutung nahe, dass es sich bei dem Unternehmen des Antragstellers um ein Partnerunternehmen der Antragsgegnerin handelt. Die Antragsgegnerin betreibt ein Vertriebssytem, das Online-Marketing für die Behandlung von Invisaling- Zahnschienen anbietet, die auch der Antragsteller – allerdings außerhalb des Systems der Antragsgegnerin - anbietet. Diese Kenntnis von dem System der Antragsgegnerin kann der Verkehr - auch wenn er vorher keine Kenntnis hiervon hatte - der Anzeige unmittelbar entnehmen. Diese enthält nämlich die Angabe, „X" (das System der Antragsgegnerin) gebe es „ausschließlich bei Invalisigns zeritfizierten Kieferorthopäden". Damit
wird für den Verkehr erkennbar, dass die Antragsgegnerin nur mit bestimmten Kieferorthopäden zusammenarbeitet, die von ihr zertifiziert werden. Zu diesen von der Antragsgegnerin zertifizierten Kieferorthopäden rechnet der Verkehr, der das Unternehmenskennzeichen des Antragsstellers in die Suche eingibt, bei Anblick der Anzeige dann auch dessen Unternehmen. Der Verkehr wird
die Anzeige daher dahingehend verstehen, dass das Unternehmen des Antragstellers von der Antragsgegnerin zertifiziert ist und Teil des „X-Systems ist.
(2) Unter diesen besonderen Umständen kann - vor dem Hintergrund der „Fleurop'-Rechtsprechung des BGH (GRUR 2014, 182, Rnr. 33 ff.) eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion nur durch einen Hinweis auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin ausgeschlossen werden. Der EuGH hat in der Sache „Interflora" ausgeführt, es könne in Fällen, in denen das Vertriebsnetz des Markeninhabers aus zahlreichen Einzelhändlern zusammengesetzt sei, für den normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer besonders schwer sein, ohne Hinweis des Werbenden zu erkennen, ob dieser zu diesem
Vertriebsnetz gehöre oder nicht (EuGH, GRUR 2011, 1124 Rdnr. 52 – Interflora/M&S). Deshalb habe das nationale Gericht unter Berücksichtigung dieses Umstands und anderer Faktoren, die es als relevant erachte, zu beurteilen, ob ein solcher Internetnutzer, der in seinem Suchbegriff die Marke verwende, auf Grund der in der Werbeanzeige verwendeten Formulierungen erkennen könne, dass der Einzelhändler nicht zum Vertriebsnetz des Markeninhabers gehöre (EuGH, GRUR 2011,1124 Rdnr. 53). Die Rechtsprechung des EuGH ist zwar für das rein nationale Recht des Unternehmenskennzeichnung nicht bindend; indes verlangt der • Grundsatz der Einheitlichkeit der
Kennzeichenrechte bei der Anwendung originär dem Schutz geschäftlicher Bezeichnungen gewidmeter Normen die Berücksichtigung originär markenrechtlicher Wertungen (vgl. BGH GRUR 2001, 344, 345 - DB Immobilienfonds). Zwar ist die hier vorliegende Konstellation zu der im Fleurop-Fall vorliegenden insofern abweichend, als nicht der Markeninhaber das Vertriebsnetz betreibt, sondern der Verantwortliche für die AdWords-Anzeige. Auch in dieser Konstellation kommt es jedoch dazu, dass der Verkehr keinen Aufschluss darüber erhält, ob eine wirtschaftliche Verbindung zwischen Markeninhaber und Nutzer der Marke besteht (vgl. EuGH GRUR 2011, 1124, Rnr. 49 - Interflora). Für eine Beeinträchtigung des Herkunftsfunktion ist ausreichend, dass die Ad-Words-Anzeige hinsichtlich der Herkunft der fraglichen Ware oder Dienstleistung so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer auf Grund des Werbelinks und der ihn begleitenden Werbebotschaft nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder mit ihm wirtschaftlich verbunden ist (vgl. EuGH, GRUR 2010, 445 Rnr. 89 f. - Google France und Google; GRUR 2011, 1124 Rdnr. 45 -Interflora/M&S). Dieser Effekt tritt sowohl in der der Fleurop- Rechtsprechung zugrunde liegenden Konstellation eines Vertriebssystems auf der Markeninhaberseite als auch in dem hier vorliegenden, gleichsam „umgedrehten" Fall vor.
(3) Die danach notwendige Klarstellung einer fehlenden wirtschaftlichen Verbindung der Antragsgegnerin zum Antragsteller erfolgte hier nicht. Alleine die Tatsache, dass im Text und durch die Domain X auf die Herkunft der Anzeige, nämlich die Antragsgegnerin, hingewiesen wird, ist hierfür nicht ausreichend. Dies kann nämlich im Falle einer suggerierten wirtschaftlichen Verbindung die Verletzung der Herkunftsfunktion nicht ausschließen. Im Gegenteil wird diese hierdurch gerade erst begründet, da der Verkehr annimmt, der - offensichtlich mit dem Markeninhaber nicht identische – Werbende stehe mit diesem in wirtschaftlicher Verbindung.