Toller Erfolg für die Media Kanzlei und ihren Mandanten vor dem OLG Köln
Auf unsere Berufung wird das Urteil des Landgerichts Bonn zu Gunsten unsere Mandanten durch das OLG Köln abgeändert. Aus dem Urteil der ersten Instanz ging hervor, dass unser Mandant die gesamten Kosten des Verfahrens tragen soll; Zudem wurde ihm die Verbreitung zahlreicher Äußerungen vom Landgericht Bonn untersagt. In der Berufungsinstanz konnte die Media Kanzlei Frankfurt | Hamburg die Pressekammer des Oberlandesgerichts Köln überzeugen, dass 6/7 der Äußerung zulässige Aussagen waren. Ferner muss die Gegenseite nun 6/7 der Kosten des Gerichtsverfahrens tragen. Die Besonderheit war, dass als Kläger die Stadt Bonn auftrag, die sich nicht auf Grundrechte, sondern nur auf einen strafrechtlichen Ehrschutz berufen kann.
Lesen Sie folgend Auszüge aus dem instruktiven Urteil des OLG Köln:
„Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin zu 6/7 und der Beklagte zu 1/7 (…).
Generell ist zu berücksichtigen, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts keinerlei Ansprüche aus §§ 1004 Abs. 1 (analog), 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 19 Abs. 3 GG geltend machen können, da sie nicht Grundrechtsträger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sind
(st. Rspr., vgl. BGH v. 12.04.2016 – VI ZR 505/14, NJW-RR 2017, 98 Rn. 27 – Organentnahme; v. 22.04.2008 – VI ZR 83/07, NJW 2008, 2262 Rn. 28 – BKA; v. 22.11.2005 – VI ZR 204/04, NJW 2006, 601 Rn. 9 - Schwangerschaftsabbruch; v. 16.11.1982 - VI ZR 122/80, NJW 1983, 1183 - Vetternwirtschaft, Rn. 15 f. nach juris; siehe ferner Senat v. 31.07.2012 – 15 U 13/12, BeckRS 2002, 23546 und zu den Parteien des hiesigen Verfahrens auch bereits Senat v. 28.09.2015 – 15 W 42/15, n.v.). Die klagende Stadt ist dennoch im Grundsatz sachbefugt, sich mittels zivilrechtlicher Unterlassungsklagen gegen Angriffe zu wenden, mit denen der Anspruch auf soziale Achtung ihrer Behörden verletzt wird. Zwar geht es hier nicht um eine Teilnahme am Rechtsverkehr wie ein Privater, wo Körperschaften des öffentlichen Rechts unterhalb der Ebene von Bund und Ländern teilweise weitergehender Ehrschutz zugesprochen wird (so Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 13 Rn. 17 m.w.N.), sondern um ein rein hoheitliches Tätigwerden im Bereich der originären Zuständigkeiten des städtischen Jugendamtes. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können zivilrechtlichen Ehrenschutz aber auch in solchen Bereichen gegenüber Äußerungen in Anspruch nehmen, durch die ihr Ruf und sozialer Geltungsanspruch in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise herabgesetzt wird. Ihnen kommt - wie aus § 194 Abs. 3 S. 2 StGB folgt - im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gemäß §§ 185 ff. StGB strafrechtlicher Ehrenschutz zu, der folgerichtig als Schutzgesetzverletzung dann auch entsprechende zivilrechtliche Abwehr- und Unterlassungsansprüche nach §§ 1004 Abs. 1 (analog), 823 Abs. 2 BGB auslösen kann (st. Rspr., vgl. etwa nur BGH v. 12.04.2016 – VI ZR 505/14, NJW-RR 2017, 98 Rn. 27 – Organentnahme; v. 02.12.2008 – VI ZR 219/06, MMR 2009, 252 - Subventionsbetrug; v. 22.04.2008 – VI ZR 83/07, NJW 2008, 2262 Rn. 28 f. - BKA; BGH v. 16.11.1982 - VI ZR 122/80, NJW 1983, 1183 - Vetternwirtschaft, Rn. 15 f. nach juris).
(…)Bezogen auf juristische Personen des öffentlichen Rechts verfolgen die §§ 185 ff. StGB dabei allerdings (nur) das Ziel, dasjenige Mindestmaß an öffentlicher Anerkennung zu gewährleisten, das erforderlich ist, damit die betroffene Einrichtung ihre Funktion erfüllen kann und das unerlässliche Vertrauen in ihre Integrität nicht in Frage gestellt wird
(vgl. auch BGH v. 02.12.2008 – VI ZR 219/06, MMR 2009, 252, 253 - Subventionsbetrug; v. 16.11.1982 - VI ZR 122/80, NJW 1983, 1183 - Vetternwirtschaft, Rn. 15 nach juris; vgl. auch Senat v. 31.07.2012 – 15 U 13/12, BeckRS 2002, 23546; siehe zudem auch LG Köln v. 20.09.2017 - 28 O 23/17, ZUM 2018, 60). Zivilrechtlicher Ehrenschutz steht juristischen Personen des öffentlichen Rechts folglich zwar nicht nur in den besonders engen Grenzen des § 90a StGB zu (so aber weiterhin Soehring, in: Soehring/Hoene, a.a.O., § 13 Rn. 18 f. m.w.N.), jedoch nach der Rspr. des Senats andererseits auch nur dann, wenn die konkrete Äußerung geeignet ist, die betroffene Behörde/Körperschaft schwerwiegend in ihrer Funktion zu beeinträchtigen. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat in solchen Fällen sogar Richtigstellungsansprüche zuerkannt und brauchte sich im Übrigen zwar nicht festzulegen, ob auch im Vergleich zu einer Richtigstellung weniger weitgehende Unterlassungsansprüche nur in diesen Grenzen zuzusprechen sind (vgl. BGH v. 22.04.2008 – VI ZR 83/07, NJW 2008, 2262 Rn. 13, 28 f. – BKA; ebenso LG Berlin v. 05.07.2018 – 27 O 155/17, juris, Rn. 46). Richtigerweise ist – entgegen S. 6 der Replik (Bl. 340 d.A.), S. 6 der Berufungserwiderung (Bl. 598 d.A.) und S. 5 f. der Beschwerdeerwiderung im Verfahren 15 W 12/18 (Bl. 202 f. BA) - eine solche Funktionsbeeinträchtigung aber schon deswegen allgemein und damit auch im Bereich von Unterlassungsansprüchen zu fordern, weil es originäre Bedeutung der Meinungs- und Pressefreiheit aus Art 5 Abs. 1 GG ist, Institutionen öffentlicher Gewalt zu kontrollieren und zu kritisieren (Senat v. 31.07.2012 – 15 U 13/12, BeckRS 2002, 23546; vgl. im Ergebnis auch Soehring, in: Soehring/Hoene, a.a.O., § 13 Rn. 18/19b; Kröner, in: Paschke u.a., Hamburger Kommentar; Gesamtes Medienrecht, 3. Aufl. 2016, Kap 31 Rn. 14 sowie LG Hamburg v. 31.10.2011 - 324 O 492/11, AfP 2012, 289 f.). Das Grundrecht der Meinungsfreiheit ist aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwachsen und hat darin weiterhin seine Bedeutung (Senat, a.a.O. unter Verweis auf BVerfG v. 24.05.2006 - 1 BvR 49/00 u.a., NJW 2006, 3769 - Babycaust); folglich sind der Staat und seine Organisationen jedenfalls nicht gegen äußerungsrechtliche Bagatelldelikte zu schützen und der Schutz hat sich – anders als bei Privaten - auf den Kernbereich des strafrechtlichen Ehrschutzes zu beschränken. Das Vorliegen einer Funktionsbeeinträchtigung ist dabei in einer umfassenden Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles festzustellen. Kriterium kann dabei – ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Allgemeingültigkeit – etwa beispielhaft sein, dass schwerwiegende tatsächliche Vorwürfe in zentralen Funktionen bzw. Aufgabenbereichen einer Behörde erhoben werden (BGH v. 22.04.2008 – VI ZR 83/07, NJW 2008, 2262 Rn. 34 – BKA). Möglich ist, dass Vorwürfe von einer besonderen Intensität sind, welche eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Behörde zur Folge hat und geeignet ist, das Vertrauen der Bevölkerung in die Behördenarbeit (und nicht nur in einzelne Mitarbeiter) zu zerstören (Senat v. 31.07.2012 – 15 U 13/12, BeckRS 2002, 23546). Letztlich geht es bei Tatsachenbehauptungen insbesondere dann auch darum, ob eine als unwahr beanstandete Behauptung dazu führen kann, dass der Behörde infolge der Vorwürfe nicht mehr das erforderliche Maß an gesellschaftlicher Akzeptanz entgegengebracht wird, um ihre Aufgaben und Funktionen zu erfüllen (so auch BGH v. 02.12.2008 – VI ZR 219/06, MMR 2009, 252, 253 – Subventionsbetrug). Dabei kann zu berücksichtigen sein, welcher Stellenwert dem Vertrauen der Bevölkerung in die Einhaltung der ethischen und rechtlichen Rahmenbedingungen in dem fraglichen Bereich zukommt, weil auch daraus der Grad der möglichen Vertrauensgefährdung und damit wiederum die Auswirkung auf die Funktionsfähigkeit der Behörde abzuleiten ist
Dem trägt für den Bereich von Behörden das Kriterium einer Funktionsbeeinträchtigung letztlich nur Rechnung, weil eine unwahre Tatsachenbehauptung im konkreten Einzelfall geeignet sein muss, den sozialen Geltungsanspruch einer Behörde und das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität der Behörde nachhaltig zu erschüttern.
Maßgeblich kann dabei auch der Verbreitungsgrad der inkriminierten Äußerung sein als Argument für deren Geeignetheit, sich auf die öffentliche Meinungsbildung in erheblicher Weise nachteilig für die betroffene Behörde auszuwirken (vgl. auch Senat v. 31.07.2012 – 15 U 13/12, BeckRS 2002, 23546).
(…)Zu beachten ist bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze ferner noch, dass die Aktivlegitimation einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zusätzlich davon abhängig zu machen ist, dass die juristische Person (bzw. Behörde) selbst betroffen ist, da sich unmittelbar betroffene Amtsträger auch eigenständig (zivilrechtlich) gegen Äußerungen wehren können und – wie bei juristischen Personen des Privatrechts in Bezug auf deren Arbeitnehmer – eine bloß mittelbare Betroffenheit allein nicht zur Begründung einer Aktivlegitimation genügen kann, mag bei Behörden die Verletzung von dienstaufsichtsrechtlichen Pflichten natürlich immer mit im Raum stehen (vgl. BGH v. 16.11.1982 - VI ZR 122/80, NJW 1983, 1183 - „Vetternwirtschaft“, Rn. 19 f. nach juris; siehe auch Senat v. 31.07.2012 – 15 U 13/12, BeckRS 2002, 23546 sowie OVG Saarlouis v. 17.10.2013 – 2 A 303/12, NJOZ 2015, 274, 280). Es genügt für die Annahme der Betroffenheit einer Behörde für sich genommen noch nicht, dass Vorwürfe gegen den Behördenleiter oder einen leitenden Verwaltungsmitarbeiter erhoben werden, mag dies auch reflexartig auf die Behörde zurückschlagen (vgl. BGH v. 16.11.1982 - VI ZR 122/80, NJW 1983, 1183 - „Vetternwirtschaft“, Rn. 24 nach juris; Senat v. 31.07.2012 – 15 U 13/12, BeckRS 2002, 23546). Ausreichend ist jedoch, wenn der Vorwurf in seiner „Stoßrichtung“ nicht nur auf dienstliches Verhalten von Einzelpersonen, sondern auf breiterer Front gegen die Ämterführung in der Behörde zielt (BGH a.a.O.; vgl. auch die Vorwürfe bei BGH v. 22.04.2008 – VI ZR 83/07, NJW 2008, 2262 - BKA mit Unterstellungen gegen die gesamte Behörde (…).
Bei Äußerungen, in denen sich wertende und tatsächliche Elemente in der Weise vermengen, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist, fällt bei der im Rahmen einer Prüfung der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gebotenen Güterabwägung maßgeblich der Wahrheitsgehalt der tatsächlichen Bestandteile ins Gewicht; enthält eine Meinungsäußerung einen erwiesen falschen oder bewusst unwahren Tatsachenkern, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter die Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurück (st.Rspr., vgl. BGH v. 16.01.2018 – VI ZR 498/16, BeckRS 2018, 2270 Rn. 38 m.w.N.).